Das geht uns alle an!
In diesem Blogartikel gebe ich Einblicke rund um psychische Gesundheit / Mental Health und teile meine Erfahrungen am Beispiel von Praxisbeispielen und gebe Hinweise auf Unterstützungsmöglichkeiten und Angebote im Coaching.
Meine Haltung zu psychischer Gesundheit
Im Zentrum meiner Arbeit als Coach und Mediatorin steht die Überzeugung, dass mentale, emotionale und körperliche Gesundheit untrennbar miteinander verbunden sind und Training brauchen.
Psychische Gesundheit bedeutet für mich, das Denken, das Fühlen, den Körper (Spüren, Bewegung, Ruhe) und das Handeln in Einklang zu bringen. Das lässt sich durch Übung und Dranbleiben ausbauen. Diese Sichtweise prägt meine Begleitung von Führungskräften, Teams und Menschen in Coaching-Retreats.
Mein Ansatz ist systemisch, achtsamkeitsbasiert und psychodynamisch, was u.a. bedeutet, dass ich sowohl äußere Systeme / das Umfeld, innere Prozesse als auch die Wechselwirkungen zwischen ihnen betrachte.
Psychische Erkrankungen in Deutschland – Ein Überblick
Psychische Erkrankungen betreffen viele Menschen, und ihre Häufigkeit hat in den letzten Jahren zugenommen.
Statistisch gesehen ist das Thema relevanter denn je: Jährlich erleben in Deutschland etwa 18 Millionen Menschen eine psychische Erkrankung – das ist fast jeder vierte Erwachsene.
Laut dem aktuellen Bericht der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) leidet etwa jeder vierte Erwachsene in Deutschland mindestens einmal im Jahr an einer psychischen Störung.
Zudem zeigt sich, dass nur knapp 50 % der Betroffenen professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, oft aufgrund von Scham oder Angst vor Stigmatisierung.
Das bedeutet, dass viele Menschen mit psychischen Belastungen alltäglich in Kontakt sind, sei es im beruflichen oder privaten Umfeld. Depressionen und Angststörungen zählen zu den häufigsten Diagnosen, gefolgt von Suchterkrankungen.
Dies führt nicht nur zu persönlichem Leid, sondern auch zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen. Die volkswirtschaftlichen Kosten durch krankheitsbedingte Fehlzeiten und Frühverrentungen belaufen sich jährlich auf Milliardenbeträge.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Enttabuisierung von psychischen Erkrankungen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.
Warum das Thema psychische Gesundheit im beruflichen Kontext so wichtig ist
In Berufsfeldern, in denen der zwischenmenschliche Kontakt zentral ist – etwa für LehrerInnen, ÄrztInnen, Führungskräfte, Coaches oder MediatorInnen –, hat das Wissen über psychische Gesundheit einen zusätzlichen Stellenwert.
Menschen in diesen Rollen stehen oft als erste in Kontakt mit KollegInnen oder KlientInnen, die psychisch belastet sind oder Anzeichen von Erkrankungen zeigen.
Das können bei depressiven Störungen z.B. sein:
– Niedergeschlagene Stimmung
– Verlust von Freude und Interesse an Aktivitäten, die früher Freude bereiteten
– Erschöpfung und Energieverlust
– Schuldgefühle und vermindertes Selbstwertgefühl
– Verminderte Konzentration oder Mühe, Entscheidungen zu treffen
– Schlafstörungen oder auch vermehrtes Schlafbedürfnis
– Verminderter Appetit oder Heißhunger, evtl. mit Gewichtsverlust oder -zunahme
– Suizidgedanken und Suizidhandlungen
Bei einer Person mit einer depressiven Episode liegen mindestens 5 der genannten Symptome, (darunter mindestens eines der beiden ersten) vor – und zwar fast jeden Tag, für mindestens 2 Wochen.
Angststörungen sind die häufigste, diagnostizierte psychische Erkrankung. Sind sind intensiver als „normale“ Angst, sie sind länger anhaltend und haben Auswirkungen auf die Berufstätigkeit, auf Beziehungen und Aktivitäten.
Anzeichen und Symptome von Angst:
GEDANKEN: Gedankenrasen oder Aussetzen der Gedanken, verminderte Konzentrationsfähigkeit, Merkfähigkeitsstörungen, Entscheidungsunfähigkeit, Verwirrtheit oder Albträume.
GEFÜHLE: Reizbarkeit, Ungeduld, Wut oder Nervosität, unrealistische oder übersteigerte Angst in Bezug auf vergangene oder zukünftige Ereignisse.
VERHALTEN: Schlafstörungen, Vermeiden von Situationen, Überforderung im sozialen Alltag, obsessives oder zwanghaftes Verhalten, erhöhter Konsum von Alkohol, Beruhigungsmitteln oder anderen Substanzen.
KÖRPER: Muskelverspannungen und -schmerzen, besonders im Nacken- und Schulterbereich, Unruhe, Zittern; Herzklopfen, Engegefühl in der Brust, Erröten, erhöhte Herzfrequenz; Atemnot oder schnelle, flache Atmung; Schwindel, Kopfschmerzen, Benommenheit, Kribbelgefühle, Schweißausbrüche; Erstickungsgefühle, Durchfall, Erbrechen, Magenschmerzen, Übelkeit, Mundtrockenheit.
Es geht nicht darum, eine Diagnose zu stellen, sondern Anzeichen frühzeitig wahrzunehmen. Denn diese Symptome beeinträchtigen Gedanken, Gefühle, das Verhalten und körperliche Befinden. Sie sind für die Betroffenen eine Belastung für die Bewältigung des Alltags, des Berufslebens, der Beziehungen – zu Familie, Freunden, ArbeitskollegInnen.
Eine gezielte Sensibilisierung und entsprechende Handlungskompetenz sind daher entscheidend, um frühzeitig zu reagieren und unterstützend zur Seite zu stehen. Prävention und frühes Handeln wirken schneller als eine Behandlung.
MHFA Ersthelfer für psychische Gesundheit: Sensibilisierung und Sicherheit durch praxisnahen Kurs
Hmm, MHFA (Mental Health First Aid) – Ersthelfer für psychische Gesundheit – klingt interessant, aber brauche ich das wirklich?
In den letzten 14 Jahren habe ich doch schon so viele tiefgehende Coaching- und andere Weiterbildungen rund um existenzielle Themen absolviert, in der Praxis angewandt und auch viel Selbsterfahrung dazu.
Krisen, Lebensumbrüche, Konflikte gehen fast immer mit Gefühlschaos einher. Schlaflosigkeit, Gedankenkreisen, körperliche Beschwerden, Antriebslosigkeit und depressive Episoden sind häufig mit von der Partie in Coachingprozessen, die ich begleite.
Ich fragte mich, ob dieser Kurs wirklich etwas Neues bringen könnte oder nur eine Wiederholung dessen wäre, was ich bereits kenne.
Im Nachgang sage ich: Ja, absolut lohnenswert. Der MHFA-Ersthelferkurs hat mir Perspektiven eröffnet, die ich bisher so nicht wahrgenommen habe.
Besonders die konkreten Werkzeuge und die Sensibilisierung dafür, welche Frühwarnsignale auf welche Belastung hinweisen könnte, wie man eigene Wahrnehmungen direkt und empathisch ansprechen kann und wie man in akuten Situationen erste Hilfe leisten kann, sind für mich – und für jeden, der Verantwortung für andere trägt – Gold wert.
Führungskräfte, Coaches, Eltern, Ärzte, und viele mehr können hier unglaublich viel lernen. Denn, ehrlich gesagt, psychische Gesundheit ist noch immer ein Bereich, über den wir aus Scham, Vorurteilen, fehlenden Informationen, …viel zu selten sprechen und der oft tabuisiert bleibt.
Der MHFA Ersthelfer Kurs für psychische Gesundheit hat mir persönlich sehr geholfen, die Gestaltungsmöglichkeiten UND die Grenzen von Coaching besser wahrzunehmen, mehr Sicherheit im Umgang mit betroffenen Menschen zu entwickeln und meine Wahrnehmungen direkter und stimmiger zu formulieren.
Obwohl ich seit mehr als einem Jahrzehnt als Coach für Führungskräfte und Teams und als Mediatorin, Menschen in herausfordernden Situationen, bei der Stärkung ihrer Resilienz, in Krisen, Konflikten, Lebensumbrüchen begleite und viel Erfahrung habe, im Umgang mit Gefühlschaos in der Tiefe Hilfestellung zu leisten, habe ich Wichtiges dazugelernt.
Im Kurs lernte ich, die Anzeichen häufiger psychischer Erkrankungen besser zu erkennen, präventiv und mit ersten Hilfsmaßnahmen darauf zu reagieren, ohne therapeutisch zu arbeiten (was ich als Coach sowieso nicht darf und nicht tue).
Stattdessen geht es darum, als Ersthelferin zur Seite zu stehen, die Person direkt und empathisch anzusprechen und ihr professionellen Support nahezubringen.
Das erweitert mein Repertoire im Coaching in Lebensumbrüchen und Konflikten, die meistens als sehr krisenhaft und existenziell empfunden werden. Die Grenzen meiner Unterstützung und die anderweitigen Möglichkeiten, die wirklich sehr zahlreich sind, kann ich konkreter benennen.
Ein besonders nützliches Hilfsmittel ist das ROGER-Prinzip
Eine flexibel anzuwendende, strukturierte Methode, die einen klaren Rahmen gibt, wie man Gespräche rund um psychische Belastungen gestalten kann:
Reagieren: der Person begegnen und sie auf ihre Schwierigkeiten ansprechen, die Situation bewerten (Krise – ja, nein?) und Unterstützung anbieten
Offen und unvoreingenommen zuhören und kommunizieren
Gib Unterstützung und Information. Respektvoll, vorwurfsfrei, praktische Hilfe und Information anbieten.
Ermutige zu professioneller Hilfe (Arzt, Therapie, Seelsorge, etc.)
Reaktiviere vorhandene Ressourcen: Andere Personen, die helfen können, Selbsthilfestrategien.
Drei Praxis-Beispiele für die Anwendung des ROGER-Prinzips im Coaching
Beispiel 1: Ein Klient mit Anzeichen einer Depression
Ein Klient, der an unserem Coaching-Retreat auf Kreta teilgenommen hat und anschließend das Coaching im 1:1 fortsetzt, wünscht sich mehr Leichtigkeit. Er zeigt vermehrt Zeichen von Antriebslosigkeit und spricht häufig von „einer bleiernen Müdigkeit“.
Im Gespräch lässt er durchklingen, dass er an fast keinem Wochenende Erholung findet, was ihm im Retreat richtig bewusst wird. Im Retreat spürt er, wie sich Erholung anfühlen kann und kommt dadurch wieder in Kontakt zu dem, was ihm verloren gegangen ist.
Im 1:1 Coaching reflektiert er das Erlebte. Anhand des ROGER-Prinzips reagiere ich, indem ich mich ihm zuwende und seine Situation bewerte (akute Krise oder nicht?), um abzuschätzen, wie ich ihm beistehen kann.
Ich höre offen zu und vermittle ihm schließlich einige Informationen über mögliche, über das Coaching hinausgehende Unterstützung.
Ich ermutige ihn, sich eine fachliche Meinung einzuholen und bestärke ihn darin, auch kleine Schritte zur Selbstfürsorge zu unternehmen.
Ein paar Übungen zur Selbstfürsorge und Selbstregulierung sind Bestandteil des achtsamkeitsbasierten Coachings. Diese hat er auch auf dem Retreat ausprobiert und deren unterschiedliche Wirkung erfahren.
Das Ergebnis: Er begibt sich nach der Arbeit im Coaching mit mir in therapeutische Begleitung und installiert sich eine App zur Verbesserung des Schlafs.
Beeindruckend finde ich, dass er zu Beginn des Coachings auf keinen Fall zum Therapeuten wollte. Er sei schließlich kein „Psycho“- so seine feste Überzeugung.
Die Vorurteile und Ängste konnten wir im Coaching an die Oberfläche bringen und bearbeiten. Die Informationen, die ich im MHFA-Kurs erhalten habe, hat er als sehr hilfreich und motivierend empfunden.
Beispiel 2: Eine Klientin mit Angststörungssymptomen
Eine Klientin berichtet mir von diffusen Ängsten und Schlaflosigkeit.
Sie wirkt zunehmend erschöpft und hat Mühe, ihre Projekte zu koordinieren. Indem ich ruhig und wertschätzend auf sie reagiere, kann ich ihre Situation besser verstehen und offen auf ihre Ängste eingehen. Wir arbeiten auch mit ihren Ängsten.
Mit verschiedenen achtsamkeitsbasierten Ansätzen kommen wir der Quelle auf die Spur und es gelingt ihr immer besser, einige Ängste zu regulieren, um nicht von ihnen vereinnahmt zu werden.
Sie macht die Erfahrung, dass sie durchaus handlungsfähig ist und nicht Opfer, das den Ängsten immer ausgeliefert ist. Und es werden ihr auch tieferliegende Themen, die nur in einer Therapie bearbeiten werden können, bewusst.
Im Zuge des Gesprächs biete ich ihr Informationen über mögliche Unterstützungsangebote an und ermutige sie, erstmal rein informativ, eine psychosomatische Klinik zu kontaktieren.
Ich helfe ihr auch, eigene Ressourcen zu erkennen und darauf aufzubauen. Sie nimmt meine Empfehlung an und berichtet mir später, dass ihr dies sehr geholfen habe.
Beispiel 3: Ein Online-Klient, der unter starkem Stress leidet
Ein Klient erzählt im kostenfreien Erstgespräch, das wir aufgrund der räumlichen Entfernung, online führen, von seiner zunehmenden inneren Anspannung und Schlaflosigkeit, ausgelöst durch Überforderung im Beruf.
Das sind typische Situationen und Symptome, mit denen Menschen zu mir ins Coaching kommen. Ich stelle ihm Fragen, um das, was ihn besonders belastet, besser zu verstehen.
Ich empfehle ihm aufgrund seines Anliegens, persönliche Termine, um auch mit dem Körper und in der Natur arbeiten zu können.
Im ersten Coaching, das wir auf seinen Wunsch dennoch online durchführen, unterstütze ich ihn, indem ich ihm Ressourcen für Stressbewältigung aufzeige und er damit erste Erfahrungen macht.
Ich ermutige ihn, professionelle Beratung (bei seinem Hausarzt, Coach oder Therapeuten) in Wohnortnähe in Anspruch zu nehmen.
Schließlich entscheidet er sich für ein psychologisches Coaching bei einem Coach-Kollegen in der Nähe seines Wohnorts, das ihm hilft, den Auslösern seiner Symptome auf die Spur zu kommen, unverarbeitete Emotionen aus der Vergangenheit zu integrieren und umzulernen.
Parallel dazu lässt er bei seinem Hausarzt einen großen Check-Up machen, um sicherzugehen, dass nichts Organisches vorliegt.
Fazit psychische Gesundheit
… das ist ein Thema, das mehr Offenheit verdient – gerade in der Arbeitswelt, wo Menschen oft Belastungen ausgesetzt sind, die in psychische Erkrankungen münden können.
Psychische Erkrankungen können sich körperlich, im Denken, in den Gefühlen und im Verhalten zeigen und wirken sich auf das Umfeld aus.
Das muss nicht soweit kommen, wenn wir frühzeitig reagieren und präventiv handeln.
Der MHFA Kurs war für mich ein weiterer Baustein, um in beruflichen und privaten Kontexten mit Sicherheit und Empathie zu handeln und Menschen im Grenzbereich und sehr breiten Korridor zwischen gesund und krank, zwischen Coaching und Therapie, in herausfordernden Situationen ihres Lebens zu unterstützen.
Nur wenn wir alle einen bewussten und offenen Umgang mit psychischer Gesundheit entwickeln, können wir dazu beitragen, dass Betroffene die notwendige Hilfe erhalten.
Unsere Angebote zur Stärkung der psychischen Gesundheit bei M hoch x und im EntfaltungsRaum
Unter der Marke Emotionale Intelligenz & Achtsamkeit bieten wir seit 2019 gemeinsam mit Martina Bär-Sieber verschiedene Coaching- & Retreat-Formate in Ludwigsburg, auf Kreta, am Ammersee und virtuell an.
Vom intensiven 1:1 Coaching – auf Kreta, in Ludwigsburg, am Ammersee – zu Coaching in der Kleingruppe zur Stressbewältigung und Resilienz – aktuell in Ludwigsburg, bis hin zu einem virtuellen Live-Format.
Unsere achtsamkeitsbasierten Coaching-Retreats auf Kreta, in Ludwigsburg und am Ammersee bieten zusätzlich die Möglichkeit, Abstand vom Alltagsstress zu schaffen und nach und nach einen bewussten Umgang mit Belastungen zu entwickeln.
Die wundervolle Umgebung, die vielfältige Natur und das besondere Ambiente unserer Retreat-Orte sind von uns bewusst gewählte Kraftquellen, die einen wichtigen Einfluss darauf haben. Entschleunigung und Genuss pur!
Nutzen Sie die Chance, gemeinsam mit uns auf eine Reise zu mehr Gelassenheit und innerer Stärke zu gehen.
Wir gestalten Workshops. Trainings, Retreats und Coaching-Prozesse auch maßgeschneidert für die Bedarfe und Ziele in Ihrem Team. Sprechen Sie uns gerne darauf an.
Freundliche Grüße von