Wie unsere Persönlichkeitsstrebungen unsere Zusammenarbeit und Konflikte prägen
Die Arbeit mit Teams, Führungskräften und Menschen in Krisensituationen führt mich immer wieder zu einer zentralen Frage:
Wie beeinflussen unsere persönlichen Grundbedürfnisse und Verhaltensmuster unsere Beziehungen und die Dynamik in Organisationen?
Die Grundstrebungen der Persönlichkeit, wie sie Fritz Riemann in seinem Modell beschreibt, bieten dafür einen wertvollen Rahmen. In diesem Artikel möchte ich zeigen, wie diese Grundstrebungen Konflikte entstehen lassen können und wie Coaching und Mediation zu mehr Verständnis und Zusammenarbeit führen.
Grundstrebungen der Persönlichkeit – ein kurzer Überblick
Riemanns Modell beschreibt vier Grundstrebungen, die in jedem Menschen vorhanden sind, jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und abhängig vom jeweiligen Kontext sind:
- Distanz: Das Bedürfnis nach Unabhängigkeit und Eigenständigkeit.
- Nähe: Der Wunsch nach Verbundenheit und Harmonie.
- Bewahrung: Das Streben nach Stabilität und Ordnung.
- Wandel: Die Sehnsucht nach Veränderung und Inspiration.
Diese Grundstrebungen stehen oft in Spannung zueinander. Eine Person, die stark nach Distanz strebt, könnte mit jemandem, der viel Nähe braucht, in Konflikt geraten. Teams können von der Vielfalt dieser Perspektiven profitieren – wenn sie lernen, mit den Spannungen konstruktiv umzugehen.
Wie sich die Grundstrebungen in der Praxis zeigen
Der „Macher“: Autonomie als Lebensmotto
Ein Führungskräfte-Coaching brachte mich mit einer Klientin zusammen, die ich als „Macherin“ bezeichnen würde. Sie zeichnete sich durch hohe Eigenständigkeit und Effizienz aus, doch genau das führte zu Konflikten in ihrem Team.
Ihr Bedürfnis nach Distanz äußerte sich darin, dass sie klare Grenzen zog und wenig Raum für zwischenmenschliche Gespräche ließ. Eine Mitarbeiterin schilderte, dass sie sich emotional nicht abgeholt fühlte, was die Zusammenarbeit erschwerte.
Im Coaching arbeiteten wir daran, wie sie ihre Führungsrolle flexibel gestalten kann. Es ging darum, einen Mittelweg zwischen Sachorientierung und zwischenmenschlichem Kontakt zu finden, ohne ihre Persönlichkeit zu verleugnen. „Wie kann ich den Raum für andere erweitern, ohne mich selbst zu verlieren?“ war eine ihrer Schlüsselfragen.
Vorgehensweise: Durch gezielte Feedbackgespräche mit dem Team, praxisnahe Rollenspiele und Reflexionsübungen lernte die Klientin, aktives Zuhören zu üben und eine Balance zwischen Aufgabenorientierung und Beziehungsaufbau herzustellen. Das Wahrnehmen unbewusster Glaubenssätze und das Spüren innerer Anspannungen war wesentlich, um die Erkenntnisse nachhaltig zu verankern.
Der „Helfer“: Harmonie um jeden Preis
In einer Mediation traf ich auf einen Mitarbeiter, der stark vom Grundstreben nach Nähe geprägt war. Konflikte versuchte er, um jeden Preis zu vermeiden, selbst wenn das bedeutete, dass er eigene Bedürfnisse zurückstellte.
Seine Kolleg:innen würdigten zwar seine Hilfsbereitschaft, doch mit der Zeit fühlte er sich überlastet und nicht ausreichend wertgeschätzt. Als der Frust wuchs, entlud er sich in plötzlichen Vorwürfen, die für das Team unerwartet kamen.
In der Mediation nutzten wir Methoden der achtsamkeitsbasierten Reflexion, um seine Bedürfnisse sichtbar zu machen. Es wurde klar, dass er lernen musste, früher „Nein“ zu sagen und konstruktiv für sich selbst einzustehen.
Vorgehensweise: Gemeinsam entwickelten wir klare Formulierungen für respektvolle Abgrenzung. Ergänzend halfen ihm Übungen aus Leadership Embodiment und zur Selbstempathie, um seine Grenzen (als Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen) besser wahrzunehmen und zu kommunizieren.
Der „Aufpasser“ und der „Spinner“: Ordnung trifft Kreativität
Ein Teamkonflikt in einer Kreativagentur zeigte die Dynamik zwischen den Grundstrebungen Bewahrung und Wandel. Die Projektleitung („Aufpasser“) bemühte sich um klare Strukturen und Prozesse, während ein Designer („Spinner“) immer wieder spontane Änderungen vorschlug.
Beide fühlten sich unverstanden: Der Designer hielt die Projektleitung für starr und einfallslos, während diese seine Vorschläge als chaotisch empfand. In einem Workshop half ich dem Team, die Stärken beider Ansätze zu erkennen. „Wie können wir Strukturen schaffen, die genug Raum für Kreativität lassen?“ war eine zentrale Frage. Das Ergebnis war ein flexibleres, aber dennoch verbindliches Vorgehen, das beiden Perspektiven gerecht wurde.
Vorgehensweise: Durch eine Kombination aus Design-Thinking-Methoden und klaren Prozessvereinbarungen konnten beide Parteien lernen, sich aufeinander zuzubewegen. Regelmäßige Check-ins stellten sicher, dass sowohl kreative Impulse als auch Strukturbedürfnisse Beachtung fanden.
Lernen aus Konflikten: Entwicklung als Ziel
Die oben genannten Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, die Grundstrebungen hinter Verhalten und Konflikten zu verstehen. Konflikte sind keine Hindernisse, sondern Gelegenheiten, sich weiterzuentwickeln – als Individuum und als Team.
Drei Schlüsselfragen für die Reflexion:
- Welche Grundstrebung prägt mich besonders?
- Wo gerate ich durch mein Verhalten in Konflikt mit anderen?
- Wie kann ich bewusster zwischen den Polen navigieren?
Coaching und Mediation: Brücken zwischen den Polen bauen
Meine Arbeit basiert darauf, Menschen und Teams dabei zu helfen, die Dynamiken ihrer Grundstrebungen zu erkennen und sie produktiv zu nutzen. Einige der Ansätze, die ich dabei einsetze:
- Psychodynamisches Coaching: Gemeinsam decken wir unbewusste Muster und Ängste auf, die Konflikte verstärken und verändern Sie schrittweise.
- Achtsamkeitsbasierte Methoden: Diese helfen, im Moment präsent zu sein, Gedanken und Gefühle in Einklang zu bringen und emotional gelassen zu reagieren.
- Mediation: Ich schaffe einen vertrauensvollen Raum, in dem unterschiedliche Perspektiven und die dahinterliegenden Bedürfnisse gehört und gewürdigt werden.
Gemeinsam neue Wege finden
Wenn wir die Grundstrebungen der Persönlichkeit verstehen, erleichtert es, Konflikte nicht nur zu klären, sondern auch als Chance zur Entwicklung nutzen. Ob in der Führung, im Team oder in Krisensituationen – ich begleite Sie gerne dabei, diese Wege zu gehen.
Unsere Angebote bei M hoch x und im EntfaltungsRaum Emotionale Intelligenz und Achtsamkeit richten sich an Führungskräfte, Teams sowie Menschen in Lebensumbrüchen oder Krisen. Mit Coaching und Mediation schaffen wir Veränderung, die tief und nachhaltig wirkt.
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Herzliche Grüße